Zwischen den Jahren blickt der Blog “Ulm 1516” auf die Themen, Veranstaltungen und Projekte rund um den Historischen Bestand der Stadtbibliothek Ulm zurück, die uns im Jahr 2024 beschäftigt haben.
Neu im Historischen Bestand


Im Mai verstarb der Ulmer Pfarrer und Kirchenhistoriker Dr. Wolfgang Schöllkopf, der sich vor allem auch um die Ulmer Stadt- und Kirchengeschichte verdient gemacht hat. Ein kleiner Teil seiner Privatbibliothek, vor allem alte Drucke zu Theologie und Geschichte, werden nun im Historischen Bestand aufbewahrt. Die Stadtbibliothek dankt Susanne Schöllkopf für diese Schenkung.
Einen personellen Neuzugang darf die Stadtbibliothek im Januar 2025 begrüßen: Dann stößt die Papierrestauratorin Hannah Wachter zum Team. Sie wird in den nächsten Jahren mit ihrem Fachwissen den Historischen Bestand in Sachen Präventive Konservierung und Originalerhalt betreuen.
Veranstaltungen und Projekte
Ein Großprojekt in Sachen Bestandsschutz konnte die Stadtbibliothek im Frühjahr 2024 abschließen: 730 wertvolle Bände aus dem Tresor wurden in Zusammenarbeit mit einer spezialisierten Dienstleistungsfirma vom Schimmel befreit. Schimmel gehört zu den gefährlichsten Schadensfällen bei alten Dokumenten und Büchern. Einerseits sind sowohl tote als auch aktive Sporen gesundheitsgefährdend und erfordern Arbeitsschutzmaßnahmen, wie das Arbeiten unter persönlicher Schutzausrüstung. Zum anderen kann unkontrollierter Schimmelbefall zu schweren Schäden und Substanzverlust an den Objekten führen, z.B. Papierzerfall, Zerstörung von Buchbindung und Einband. Schimmel ist ein in allen Kultureinrichtungen gegenwärtiges Problem, das sich künftig unter dem Einfluss des Klimawandels weiter verschärfen wird.
Das Projekt hatte eine lange Vorlaufzeit, der Plan zu Reinigung der Bücher wurde im engen Austausch mit externen Expert*innen schon seit 2022 entwickelt. Der Abtransport erfolgte dann im Februar 2024. Qualifizierten Fachkräften reinigten die Bucheinbände, Schnitte und Vorsatzblätter unter einer mikrobiologischen Werkbank. Inzwischen sind alle Bände wohlbehalten in den Tresor zurückgekehrt.


Am 13. März 2024 ging es bei einem gut besuchten Abendvortrag in der Glaspyramide um den für seine Zeitschrift “Deutsche Chronik” bekannten Literaten, Journalisten, Musiker und Reklamator Christian Friedrich Daniel Schubart (1739–1791) (siehe auch “Wort-Zaubereien und Satire” ). Schubart verbrachte rund sechs Jahre als Hilfslehrer in dem damals zur Freien Reichsstadt Ulm gehörenden Geislingen. Als ein Ventil für die dort empfundene Enge dienten ihm u. a. die für seine Schüler verfassten sogenannten „Geislinger Schuldiktate“. Diese beißend formulierten Musterbriefe sollten die Kinder in der Kunst des formellen Briefschreibens unterweisen – machten ihnen aber wohl auch einen Riesenspaß. Der Referent PD Dr. Stefan Knödler, der an der Universität Neuere Deutsche Literaturwissenschaft lehrt, zeigte in seinem Vortrag, wie unverstellt übermütig sich Schubart in diesen witzigen und provokanten Texten geäußert hat.

Am 12. und 13. September fand im Haus der Stadtgeschichte ein internationaler Workshop zum Ulmer Arzt Johann Franc (1649-1725) und seiner Bibliothek statt, die nach seinem Tod als Stiftung Teil der Stadtbibliothek wurde. Der Workshop markiert den Abschluss eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Universität Düsseldorf und des Stadtarchivs Ulm in Kooperation mit der Stadtbibliothek. Francs Bibliothek hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich und fiel leider teilweise dem großen Brand von 1785 zum Opfer. Welche seiner Bücher die Zeit überdauert haben und heute in den Ulmer Magazinregalen stehen, das wird als Teil des Forschungsprojekts detailliert rekonstruiert (siehe auch “Die unsichtbare Bibliothek“). Die Teilnehmer*innen des Workshops hatten die Gelegenheit, sich von der Projektmitarbeiterin Dr. Marie-Kristin Hauke einige besonders interessante und schöne Bände im Lesesaal des Stadtarchivs zeigen zu lassen.
Adopt a Book – Kulturgut erhalten
Im Jahr 2024 feierte die Bibliotheksgesellschaft Ulm e. V., die durch das Spendenprogramm für restaurierungsbedürftige Bücher “Adopt a Book” eng mit dem Historischen Bestand der Stadtbibliothek verbunden ist, 30-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass stellte Buchbindermeister und Restaurator Andreas Schäffler am 23. Februar im Erdgeschoß der Glaspyramide seine jüngsten Restaurierungsarbeiten vor. Mit eindrücklichen Fotos erklärte er die einzelnen Arbeitsschritte der Einbandrestaurierung und beantwortete im Anschluss bis zur Geisterstunde die vielen Fragen aus dem interessierten Publikum.



Im Dezember 2024 bis Ende Februar 2025 zeigen wir die Ausstellung “Gemeinsam alte Bücher bewahren. 30 Jahre Adopt a Book” im 4. OG der Glaspyramide. Denn auch das Spendenprogramm der Buchpatenschaften feiert Jubiläum. In den vergangenen dreißig Jahren konnten über 120 wertvolle Bücher durch Spenden aus der Ulmer Bürgerschaft, von Institutionen und Vereinen restauriert werden. Wir danken allen Buchpatinnen und Buchpaten!
Bücher des Monats 2024
Die Ausstellungsreihe “Buch des Monats” wirft ein Schlaglicht auf je ein besonderes Objekt und seine Lebensgeschichte. Die monatlich wechselnden Vitrinenausstellungen im 3. OG der Glaspyramide tragen so die Schätze aus den Magazingebäuden mitten rein in den Besucherbereich der Zentralbibliothek. Im Lauf des Jahres haben wir Bücher aus der Schad-Bibliothek, der älteren von Besserer-Bibliothek, der Franc-Bibliothek und der Sammlung Wagner gezeigt. Drei Bücher stammten aus dem 16. Jahrhundert, das 19. und 20. Jahrhundert war jeweils einmal vertreten. Ein deutlicher Schwerpunkt lag aber auf dem 18. Jahrhundert.










Das ist den vielen Jubiläen geschuldet, die dieses Jahr vor allem Literaten aus der Zeit der Aufklärung feierten. Neben den bereits erwähnten Christian Daniel Friedrich Schubert und Johan Franc, ist der 300. Geburtstag Immanuel Kants im April hervorzuheben (“Happy Birthday, Kant” ). Im Juli würdigte Gastbloggerin Isabel Gunzenhauser den Dichter der Empfindsamkeit und Erneuerer der deutschen Sprache Friedrich Gottlieb Klopstock (“Heilige Poesie“).
Im August feierte zudem der amerikanische Essayist, Schriftsteller und Aktivist James Baldwin seinen 100. Geburtstag. Die Stadtbibliothek zeigte zu diesem Anlass einen gemeinsam mit dem renommierten Modefotografen Richard Avedon gestalteten Foto-Essay-Band von 1964 (“James Baldwins Blick” ).
Weitere Ausstellungsstücke beleuchteten die Donauschifffahrt im 19. Jahrhundert (“Mit Dampf auf der Donau” ), Damenmode im 16. Jahrhundert (“Kleider machen Frauen” ) oder leuchtend kolorierte Naturgeschichte im 18. Jahrhundert (“Die Welt der Käfer“). Der Beitrag im Oktober “Mit Felix Fabri auf Reisen” lud dazu ein, dem berühmten Ulmer Dominikanermönch und Chronisten aus dem 15. Jahrhundert auf Pilgerfahrt ins Heilige Land zu folgen.
Die Reihe der Bücher des Monats wird nach dem Ende der Ausstellung “30 Jahre Adopt a Book” im März fortgesetzt. Alles Gute für das Neue Jahr 2025!

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Pia Eckhart (19. Dezember 2024). Jahresrückblick 2024. Ulm 1516. Abgerufen am 10. Februar 2025 von https://doi.org/10.58079/12yok